Suchen

Ein leeres Blatt, ringen um Worte. Auch um Bilder kann man ringen. Bewegung einfangen, Licht verstehen und auch den Menschen, den man abbildet.

Wir suchen jedoch viel mehr. Vordergründig vielleicht Erfolg, egal welchen Ausdruck dieser in unserem Leben findet. In Wirklichkeit jedoch suchen wir Antworteten auf die Fragen unseres Lebens. Fragen, die wir häufig nicht einmal wagen zu stellen. Fragen nach dem Sinn unserer Existenz. Fragen, die wir vielleicht das letzte Mal in kindlicher Unschuld und Direktheit unserer Großmutter stellten

Warum gibt es mich?

Warum ist Opa schon tot?

Und warum lebt Onkel Paul, der immer so gemein zu mir ist, immer noch?

Meine Großmutter hätte mich ermahnt, dass die letzte Frage ungehörig sei. Die Frage blieb unbeantwortet, sie harrt heute noch, lange nach Onkel Pauls Tod auf eine Antwort.

Spuren im Sand

Spuren im Sand

Spuren im Sand.

Wer mag da wohl gegangen sein?

Ist auch er oder sie auch auf der Suche und mir nur einen Schritt voraus?

Suchen heißt aufbrechen. Alte Strukturen hinterfragen und gegebenenfalls aus ihnen ausbrechen oder auch sie zurücklassen. Auf alte Fragen neue Antworten finden, oder aber ewig gültige Antworten auf neue Situationen anwenden.

Es gibt Tage, und der Donnerstag vor Ostern, den man in Deutschland „Gründonnerstag“ nennt, ist so einer, wenn mich diese Fragen mehr bedrängen, als an anderen. In England heißt dieser Tag „Maundy Thursday“. Das Wort „Maundy“ nimmt direkten Bezug auf das Wort Mandatum im Evangelium nach Johannes, Kapitel 13, Vers 34: mandatum novum do vobis ut diligatis invicem sicut dilexi vos – Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander so lieb habt, wie ich euch geliebt habe.

Angesichts all dessen, was im Namen eines Gottes immer noch getan wird, und dabei denke ich an die Kreuzzüge, die Judenpogrome und die „heilige“ Inquisition ebenso, wie an die Bomben in Brüssel, London oder Madrid, die Vergewaltigungen, Erniedrigungen und Enthauptungen, erscheint mit dieses Wort des Zimmermannssohns aus Bethlehem zeitgemäßer denn je. Man mag das als Gutmenschentum diffamieren, aber die Suche nach Liebe, die Suche nach dem Guten, die Suche nach einer gemeinsamen Zukunft …

Spuren im Sand. Wohin mögen sie wohl führen … Machen wir uns auf, ziehen wir unsere eigenen Spuren im Sand, spüren wir den Wind in unseren Gesichtern, die Sonne auf unserer Haut, den Sand zwischen unseren Zehen. Machen wir uns auf. Befreien wir uns von dem, was uns festhält.  Mandatum novum do vobis ….

Heilig Abend / Christmas Eve

Üblicherweise sieht man auf Beiträgen zu diesem Thema Kerzen, Sterne, Glühwein, lachende Menschen … meine Gedanken wanderten jedoch zu diesem Abend, als ich vor einigen Tagen in der Natur fotografierte.

Moos im Park von Schloss Linderhof © Thomas Michael Glaw

Moos im Park von Schloss Linderhof © Thomas Michael Glaw

Das frische grün, überzogen mit seinen frostigen Spitzen, ist für mich ein sehr schönes Symbol der Welt, in der wir leben. Grün ist nicht nur die Farbe der Hoffnung – zumindest in der Kultur, in der ich lebe; das Grün der Pflanzen steht auch für das Leben an sich. Ohne sie könnten wir auf diesem Planeten nicht existieren. Für mich stehen sie auch für die Schönheit, egal was wir Menschen tun, um sie zu vernichten. Auch die Eiskristalle, die sie überziehen, können sie nicht zerstören. So wie all jene, die Kinder auf den Straßen in Palästina und anderswo töten oder Herbergssuchende kalten Herzens weiterschicken, den ursprünglichen Plan nicht verhindern können.
Wer schon einmal mit dem Finger über frisches Moos gestrichen hat, wird die Sanftheit der kleinen Pflanze noch lange spüren; zudem wächst sie auf fast allem: selbst auf hartem Holz. So wie auch Liebe aus dem härtesten Herzen wachsen kann.

Eiskristalle - © Thomas Michael Glaw

Eiskristalle – © Thomas Michael Glaw

Was hat das nun mit dem Heiligen Abend zu tun?
Dieses Kind, um das sich diverse Religionen mit mehr als 2 Milliarden Gläubigen entwickelt haben, um das es mehr Mythen und Erzählungen gibt, als über irgendeinen anderen Menschen, hat versucht, uns alle vom unendlichen Wert der Liebe zu überzeugen.
In Zeiten, wenn viele Millionen Menschen auf diesem Planeten aus vielen verschiedenen Gründen auf der Flucht sind, in Zeiten wenn Christen, Muslime, Hindus und Juden einander töten, oft durch Staaten und Regierende legalisiert, mag man denken, das Projekt sei gescheitert.
Man vergisst dabei, dass der erwachsene Jesus, den wir Christen als Erlöser verehren, keine politische Revolution anzetteln wollte (das waren die Judäische Volksfront und die Volksfront von Judäa, oder 🙂 ? ), vielmehr hat er jeden und jede angesprochen, um sie von seiner Idee zu überzeugen. Keine Saat geht je vollständig auf, aber die Botschaft wird sich weiter verbreiten, wenn wir sie weiter tragen.
In diesem Dunst von Glühwein, unzähligen Farben und grauenvoller Dudelmusik sollten wir ein wenig mehr auf uns hören und wieder entdecken, was uns wirklich ausmacht: Liebe zum anderen und zu uns selbst. Ein Lächeln, eine zärtliche Berührung, eine helfende Hand ist mehr wert, als alles, was man mit noch so vielen Karten kaufen kann.
In diesem Sinn wünschen wir euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

 

What kind of pictures would you expect from a text titled „Christmas Eve“? Candles? Tree decoration? Happy faces contemplating hot wine or Eggnog? My thoughts drifted towards that very evening about a week ago, while I was taking pictures in the countryside.
The fresh green colour of this moss symbolizes for me the world we live in. Not only symbolizes the colour green hope, at least in the culture I am living in, green plants embody life and the sheer beauty of it – No matter what men do, it will always remain beautiful. Even when it is covert by frosty crystals, it remains lovely. Cold as ice – which pictures does that evoke in you? Children shot on the street, homeless people turned away? Regardless what happens these days, it will not alter the original plan.
Have you ever touched fresh moss and felt the softness of this little plant? It can grow almost everywhere, even on hard wood. Just as love may grow, even in some, whose life has hardened his or her heart.

Frozen leaf in the park of Linderhof Palace © Thomas Michael Glaw

Frozen leaf in the park of Linderhof Palace © Thomas Michael Glaw

What has all that got to do with Christmas Eve?
This child, around which several religions with more than 2 billion faithful have grown, around which more myths and tales have been told than about any other man, has tried nothing, but to convince mankind of the immeasurable value of love.
In times, when millions of people are refugees, in times when Christians, Muslims, Hindus und Jews kill each other, often legalised by their rulers, you may think that the project failed.
Jesus however, worshipped as redeemer by us Christians, had never intended a political revolution (That was the Judean people’s front, Remember? Or was it the People’s Front of Judea? 🙂 ) Jesus approached everyone to convince them of his idea of love. No crop will ever come up completely, bus the message will continue spreading, if, and only if, we carry it.
In all this haze of mulled wine, horrible colours and even worse music, we might wish to listen a bit more to ourselves and to rediscover who we really are. It is loving others as well as loving ourselves that forms the core of us. A smile, a tender touch, a helping hand is worth much more, than any credit card may buy.
To all of you a very Merry Christmas.

Stade Zeit

Seit ein paar Tagen leuchten sie nun schon, die Lichter der Weihnachtsbeleuchtung in den Häusern, auf Balkonen, in den Straßen und Geschäften. Die Stade Zeit – wie es so schön in alten Erzählungen heißt – ist schon lange nicht mehr stad; oder doch?

Spätherbst am Starnberger See - © Thomas Michael Glaw

Spätherbst am Starnberger See – © Thomas Michael Glaw

Grau und kalt wirkt das Bild auf dem Kalenderblatt. Der erste Schnee bedeckt die Pfähle im Starnberger See, grau und trüb wirken Himmel, Wasser und Umgebung. Der November ist für mich ein merkwürdiger Monat, eine Zeit des Übergangs: es ist nicht mehr Herbst – aber Winter ist es auch noch nicht; die Feiertage, die in die Novemberwochen fallen – Volkstrauertag, Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag – thematisieren das Abschiednehmen und Erinnern. Die grauen, feuchtkalten Tage, die häufig mit Nebel und Sturm einhergehen, lassen auch mich langsamer werden und meinen Blick auf meine eigenen Füße und auf das vergangene Jahr richten:
Was ist passiert in diesem Jahr? Passiert im eigentlichen Sinne des Wortes: wer und was ist mir begegnet, an mir vorbei gezogen? Welche Begegnungen, Erlebnisse und Ereignisse haben bei mir Spuren hinterlassen, wirken noch nach? Wo stehe ich heute? Worauf – was gibt mir Standfestigkeit? Was umgibt mich?
Auch wenn diese Fragen normalerweise mit Silvester verbunden werden – mir erscheint der ruhige November als eine gute Zeit, zurückzublicken und den Erinnerungen einen guten Ort zu geben, in aller Ruhe, vor einer Kerze sitzend nach einem Spaziergang am grauen Starnberger See.

Gastbeitrag von Dorothea Elsner zum Novemberblatt unseres Jahreskalenders

Kraft

Das Brechen der Welle auf dem Bild des Lake Michigan ist fast zu hören:
Kraftvoll bricht sich die das Wasser an den Steinen, spritzt in den Himmel und zieht sich dann, leise gurgelnd, wieder in den See zurück. Die Energie, die in dem Wasser steckt, lässt sich bei dem Blick auf den ruhigen See hinter der Welle kaum erahnen.

Brandung am Lake Michigan - © Thomas Michael Glaw

Brandung am Lake Michigan – © Thomas Michael Glaw

In den letzten Tagen in diesem März ist die Energie schon spürbar, die in der Natur steckt. Auch wenn die Bäume noch keine Triebe erkennen lassen – durch die Sonne sind die Frühlingsboten schon erkennbar. Nicht nur die ersten Blumen wagen sich aus der Erde, auch die Cafés haben bereits ihre Tische und Stühle ausgepackt und viele nutzen die ersten warmen Sonnenstrahlen für ein Sonnenbad.
Es scheint eine geheime Kraft zu geben, die Leben in Bewegung bringt, die motiviert, aufzubrechen, Neues zu schaffen. Durch sie entsteht ein Rhythmus von Aktivität und Entspannung, ein Rhythmus, dem die Natur entspricht, geprägt von Phasen der Spannung und Entspannung im Tun, von Tages- und Jahreszeiten. Weder die Welle, noch der Leopard laufen unentwegt, sie beginnen zu laufen, steigern ihre Geschwindigkeit bis zum Höhepunkt und laufen dann aus. Danach folgt die Phase der Entspannung, das sich Zurückziehen und Kräfte sammeln für den nächsten Lauf.
Auch wir Menschen werden von dem natürlichen Rhythmus beeinflusst, aber wir haben viele Mechanismen entwickelt, um jederzeit die gleiche Leistung bringen zu können. Künstliches Licht, Heizungen und Klimaanlagen sorgen für die Unabhängigkeit von Helligkeit und Temperaturen. Möglichst alles immer verfügbar zu haben und selbst jederzeit verfügbar zu sein, gehören zum selbstverständlichen Anspruch in unserer Gesellschaft. Der weltweite Handel ermöglicht uns, unabhängig von der Erntezeit jede Art von Obst und Gemüse das ganze Jahr zu bekommen. Arbeit am Wochenende, ein paar schnelle Emails nach Feierabend oder aus dem Urlaub gehören immer mehr zur Normalität. Nicht nur im Beruf, auch die Freizeit will gut genutzt sein, manch ein privater Zeitplaner ist mit Sport- Hobby-, Kultur- und Bildungsterminen ebenso voll wie der berufliche. Wir versuchen, immer mehr zu geben, den Level der Leistungsfähigkeit nicht nur zu halten sondern noch zu steigern, möglichst immer gut drauf und fit zu sein, ohne zu merken, wie wir, je länger wir „laufen“, an Kraft verlieren.
Die Selbstverständlichkeit, wie dieser Lebensstil in unserer Gesellschaft gelebt wird, macht mich nachdenklich. Der Wert des Lebens scheint sich immer stärker an dem Ideal des leistungsfähigen, jungen Menschen zu orientieren. Das Leben entspricht jedoch nicht immer dem Ideal und sein Wert ist mehr als die Summe des erzielten Einkommens und des Status. Manchmal bedarf es erst einer Grippe, einer Erkrankung oder eines einschneidenden Ereignisses, um zur Entspannung gezwungen zu werden, zur „Besinnung“ zu kommen und dieses zu erkennen.
Lassen wir es nicht so weit kommen. Nutzen wir die Kühle am Morgen, die Mittagspause in der Sonne und die zunehmende Dunkelheit am Abend, um den Rhythmus der Natur in uns aufzunehmen. Freuen wir uns an den aufbrechenden Knospen im Frühjahr, dem frischen Obst, das in den nächsten Wochen die Märkte füllen wird und entdecken die kleinen und größeren Wunder, die das Leben in seinem Rhythmus für uns bereithält. Nehmen wir uns die Zeit zum Entspannen, lauschen wir dem Brechen der Wellen und spüren die Sonne, um dann mit neuer Kraft einen Aufbruch zu wagen, neues zu schaffen und von Lebenskraft zu sprühen.

Gastbeitrag von Dorothea Elsner.

Das Bild ist das Blatt „März“ aus unserem Jahreskalender 2015 „La forma dell‘ acqua“ zur Ausstellung „formen des wassers„.

Heilig Abend

Temperaturen, die zwar beim morgendlichen Lauf recht angenehm waren, aber trotzdem eher in den März als in den Dezember gehören.

Ein Papst, der seinen Führungskräften den Kopf zu Recht setzt, vom hofieren der Vorgesetzten warnt, während der Münchner Kardinal seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Weihnachtsfeier ins Stammbuch schreibt, dass „die Treppe noch immer von oben gekehrt wird“.
Wie passt das alles zu dem Kind, dessen Geburt vor vielen hundert Jahren wir heute wieder feiern werden?

20131224-_DSC2596-3

Kein christliches Fest ist so tief in die Erlebniswelt des Menschen eingedrungen, wie Weihnachten. Wir erfahren an diesem Fest, dass Gott – wer auch immer das für dein einzelnen sein mag – die Welt bejaht.

„Ich verkündige euch eine große Freude.“

Ein Engel musste kommen, um uns klar zu machen, dass wir uns freuen dürfen.
Oft ist unser Leben freudlos. Wenn wir uns umblicken, dann jagen wir materiellen Gütern nach. Das Leben ist farblos, langweilig. In den Kurzmitteilungen vieler findet sich das Kürzel „lw“ … langweilig. Mir ist langweilig. Zuviel Arbeit, zuviel Ablenkung, zuviel von allem …

Dennoch ist da ein Engel, der spricht: „Ich verkündige euch eine große Freude.“

20121222-_DSC7453-1

Für mich heißt das: Unglücklich sein kann jeder. Freude verlangt Anstrengung. Man muss etwas dafür tun. Wir sollten wenigstens heute, an Weihnachten, am Tag der Freude, unsere Sorgen ablegen. Wie wäre es, wenn der Engel der Weihnacht heute vor uns stünde, wie damals vor den Hirten und sagte: Hab Freude.
Freude entsteht, wenn man guten Mut findet. Wenn man Vertrauen hat. Wenn man an die Zukunft glaubt. Wenn man anderen Menschen die Hand reicht. Ich glaube, dass der Dienst am Nächsten eine Bedingung echten Glücks ist. Egal wer der nächste ist. Der Nachbar. Tante Frieda. Der Flüchtling aus Syrien. Vielleicht sollte man das auch mal den Pappnasen von Pegida klar machen, die um ihre gefüllten Fleischtöpfe fürchten.

 

Euch allen ein wahrhaft frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Bilder …

Sind Sie / seid Ihr schon einmal beim Verlassen einer Kirche schier über den Haufen gerannt worden?

Nein?

Dann ist es wohl Zeit für eine Reise nach Rom.

Oder nach überallhin.

Rom - St. Peter

Rom – St. Peter

Menschen scheinen die Wirklichkeit, in der sie leben, nur noch auf kleinen, digitalen Bildschirmen wahrzunehmen.

Als ich mich nach einiger Zeit aufmachte Santa Maria degli Angeli zu verlassen rannte mich ein Herr (?) fast um, der unbedingt seinen Weg in die Kirche meinte filmen zu müssen .. mit seinem Handy. Einen Tag zuvor passierte mir ähnliches in Santa Maria in Trastevere. Dort war es ein Herr, der seinen Blick nicht von seinem iPad abwenden konnte.

Gewiss, ich habe eine gewisse Affinität zu Kirchen. In unserer hektischen, wurrligen, schnellen Zeit genieße ich es, zwischen vielen Terminen, in Rom einmal in die eine oder andere Kirche gehen zu können. Hunderte von Jahren Geschichte umgeben mich, vielleicht gar die Nähe eines Gottes, an den ich glaube und den ich für ewig halte.

Sie finden/ihr findet das merkwürdig?
Unbenommen 🙂

Wissen Sie/wisst ihr was ich viel merkwürdiger finde?
Massen an Menschen, die die Wirklichkeit nur mehr auf kleinen Bildschirmen wahrzunehmen scheinen. Man kann es kaum Fotografie nennen, was da vorgeht, denn niemand scheint ein Bild zu planen, zu gestalten, an einen Aussage zu denken, Fotografie als Kunst zu begreifen.

Rom - St. Peter

Rom – St. Peter

Was da entsteht, hat nicht einmal mehr den Charme der Schnappschüsse aus den fünfzigern, sechzigern oder siebzigern als ich anfing mich mit dem Medium Fotografie auseinanderzusetzen.

Ich fühlte mich umgeben von Menschen aus aller Herren Länder, die nicht mehr zu sehen schienen. Höchstens sich selbst – bei einem Selfie.

Sie beobachteten nicht mehr.
Sie genossen nicht mehr.
Sie waren nicht wirklich neugierig.

Eigentlich wollten sie nur möglichst viele digitale Informationen speichern.
Wozu?
Wen interessieren eigentlich all die völlig aussagelosen Bilder, die da auf diversen Speichermedien gespeichert werden.

Rom - St. Peter

Rom – St. Peter

Wo ist der Blick für das Besondere?
Wo ist der Blick auf etwas, das nur mir gehört?
Das einfach nur eine Erinnerung ist?
Das ich nicht poste und mit dem Rest der Welt teile?

Ein Bild, das nur mich bewegt.
Ein Eindruck, der nur mir gehört.

Den ich vielleicht,
weil das Licht stimmt,
weil mich der Schatten fasziniert,
weil es da eine Aussage gibt,
festhalte.
Teile.

Manchmal frage ich mich wirklich, ob wir am Ende der Fotografie als Kunst stehen.

Juli – Einladung

Boote auf dem Potomac in Washington D.C. – bunt, farbenfroh, neben- und zum teil übereinander gestapelt, als würden sie rufen: „komm, setz dich in mich und lass uns losfahren, irgendwo hin.“ Sie strahlen eine Leichtigkeit aus, die uns gerne im Sommer überkommt, wenn die Luft duftet und uns warm umspielt, wenn die Ferien, der Urlaub in greifbare Nähe rückt.

Ist es die Möglichkeit, für eine Zeit auszubrechen, den Alltag hinter sich zu lassen oder sind es die geheimen, über Jahre verdrängten Wünsche, denen man versucht Raum zu geben, die uns lebendiger werden lassen, die uns uns selbst wieder näher bringen?

Boote auf dem Potomac

Boote auf dem Potomac

Warum gibt man sich selbst eigentlich so wenig Raum, so wenig Zeit zum entfalten? Sind es nicht gerade unsere Wünsche und Leidenschaften, die uns zu besonderen Leistungen bringen, die uns wirklich gut werden lassen?

Manchmal schrecke ich dabei aber auch selbst zurück vor meiner eigenen Courage – bin ich wirklich gut genug?

Was, wenn ich scheitere?

Manchmal gehe auch ich nicht auf das volle Risiko, bleibe lieber in gewohnten Gefilden, in denen ich mich nicht mir selbst stellen muss sondern wo mein Wissen und meine Erfahrung genügen.

Aber lebendiger, ehrlicher und mehr ICH wäre eigentlich …

Vielleicht nehme ich doch das 3. Boot von links und schau mal, wohin es mich treibt..

Gastbeitrag von Dorothea Elsner

Den vollständigen Kalender finden Sie auf http://www.thomasmichaelglaw.com

Auszüge aus diesem Blog gibt es auch als Buch :

Massen

Massenereignisse machen mich zum einen neugierig, hinterlassen jedoch meist auch einen faden Nachgeschmack. Seit ich „La Rebelión de las Masas“ von Jose Ortega y Gasset gelesen habe, interessiert mich das Verhalten größerer Menschenmengen, sowohl als organisierte, oft nur virtuelle, oder gesellschaftlich aktive Gruppe, wie auch als real handelnde Ansammlung menschlicher Wesen.

Der Regensburger Katholikentag bot reichlich Studienmaterial … Es war ein weites Spektrum von Individualisten mit zum Teil recht verqueren Ideen, die alles andere als den Mainstream widerspiegelten, bis hin zu denen, die mit unzähligen Armbändchen, Schals und Herzchen der Tatsache Ausdruck verliehen, dazu zu gehören.

Ruhig - Dominikanerkirche Regensburg

Ruhig – Dominikanerkirche Regensburg

Der äußere Eindruck dazu zu gehören, oder einer bestimmen Schicht, einem bestimmten Subsystem um mit Luhmann zu sprechen, scheint mir eines der prägenden Elemente dieses doch noch recht jungen 21 Jahrhundert zu sein. Was ist es, das Menschen antreibt so sein zu wollen wie andere – und wer sind die anderen?

Fassaden faszinieren mich seit langem; für mich sind menschliche Gesichter häufig auch nur Fassaden und gerade bei jungen Frauen und Mädchen werden sie in den letzten Jahren immer gleichförmiger. Man fragt sich, wo der Mut zum Aufbruch geblieben ist. Ist es wirklich soviel einfacher in einer gleichförmigen Masse mitzuschwimmen?

Aufblickend

Aufblickend

Es gab selten eine Zeit, die den Individualismus so gepriesen hat, wie die, in der wir im Moment leben, und doch scheinen es die Massen zu sein, die Menschen in große Ströme treiben oder in denen Menschen einfach treiben. In Regensburg schienen die mit den neuen Ideen oft auf das Rentenalter zuzutreiben; wenn man sich politische Bewegungen oder Parteien quer durch Europa betrachtet, ist es oft dasselbe.

Mich bedrückt dieser Mangel an Mut, an Individualismus, an Kreativität. Viele junge Menschen, die sich einsetzen, handeln auch wieder nur in einer „Bewegung“, möglichst anonym und mit Masken. So werden wir weder die Gespenster der Vergangenheit vertreiben, noch denen der Gegenwart Herr werden.

Was das alles mit den Bildern zu tun hat?

Benjamin Seipel 2Flügel

Benjamin Seipel
2Flügel

Nun, ich fand diese Menschen individuell, besonders, tätig, versunken … sie erhoben sich aus der Masse ohne sich hervorheben zu wollen. Man spürte etwas Besonderes.
Der Musikant ist übrigens Benjamin Seipel von 2Flügel (www.2flügel.de), meine ganz persönliche Inspiration auf diesem Katholikentag.
Muss man aber life erleben. Wir werden versuchen ihn nach München zu holen.

Good Friday

Der Titel mag meine deutschen Leser etwas erstaunen und doch heißt der Tag des Jahres, den wir Karfreitag nennen, in der englischsprachigen Welt „Good Friday“ Man mag sich fragen, was denn gut daran sei, dass der Zimmermannssohn aus Nazareth so elend am Kreuz starb. Das Oxford English Dictionary stellt von dem Wort „good“ die Verbindung zu „pious“ bzw „holy“ her, also eigentlich heiliger Freitag. Nach christlicher Doktrin war der Tod Jesus unumgänglich damit er für uns zum Christus werden konnte.

Als ich Anfang der Woche auf dem Weg zu meinem Zahnarzt war, ging am Münchner Ostfriedhof an einem Kreuz vorbei, dessen Struktur und Aussehen mich anzog. Ich hatte es eilig, denn die U-Bahn hatte Verspätung gehabt, blieb aber auf dem Rückweg wieder hinter den Kreuz stehen.

Perspektivwechsel am Karfreitag

Perspektivwechsel am Karfreitag

Fotografieren heißt für mich mehr als nur sehen in Licht und Schatten. War es zunächst lediglich die durch den Bildhauer nachgeahmte Holzstruktur, so bewegten sich Meine Gedanken recht schnell auf den Kalvarienberg hin – die Schädelstätte, auf der Jesus am Kreuz hing, und auf einen Perspektivwechsel. Wir blicken üblicherweise von vorne auf das Kreuz, einem leidenden Christus ins Gesicht. Wie mag Jesus auf das Land, auf die Menschen vor ihm, auf seine zwei Mitverurteilten neben ihm geblickt haben?

Die flirrende Hitze über dem staubigen Land Israel.

Was mag er gedacht habe?

Die Kirche lehrt er sei ganz Mensch und ganz Gott gewesen. Eigentlich glaubt sie es, aber die Männer, die jene Kirche zu lenken glauben, haben in den letzten 1500 Jahren alles getan, um das, was wir eigentlich nur glauben und keinesfalls wissen können, in Lehrmeinungen zu gießen. Letztere haben sie dann, sehr lange zumindest, mit Feuer und Schwert vertreten. Das Schwert mag heute häufig der Feder gewichen sein, die Konsequenzen können für die Betroffenen immer noch gravierend sein.

Was mag dieser leidende Mann, wirklich dort oben am Kreuz gedacht haben?

Blickte er in dem Moment, als er dachte der Vater habe ihn vergessen in die Seelen der Menschen unter ihm?

Konnte er in Ihnen lesen?

Ich glaube für mich wäre die Enttäuschung über meine Freunde am größten gewesen. So lange war er mit Ihnen zusammen gewesen, so viel hatte er ihnen zu vermitteln versucht. Und jetzt? Alle, aber auch wirklich alle, hatten ihn vergessen, verleugnet.

Nur seine Mutter hat ihn wohl nie allein gelassen. Das muss ihm ein großer Trost gewesen sein.

Wenn ihn die unendliche Liebe, die sein Leben auszeichnete, auch am Kreuz nicht verlassen hatte, dann wird er auch in diesem Moment noch den Funken Liebe, von dem Meister Eckart spricht, in ihrem Herzen erkannt haben.

Wenn wir etwas von ihm lernen können, so ist es einander zu lieben.
Mit allen Konsequenzen.
Wir können auch versuchen ihm nah zu sein.
Liebe kennt weder Zeit noch Raum – sie überwindet sie.

Aschermittwoch

Sie meinen es sei zu spät für Aschermittwoch? Das sei doch schon vor einer Woche gewesen?
Manchmal denke ich ein wenig mehr Aschermittwoch wäre nicht schlecht.

So ein Unsinn höre ich.
Da könnten wir ja auch Ostern, oder Weihnachten oder …. den Geburtstag von Onkel Theodor öfters feiern. Nun Onkel Theo würde den Unterschied sowieso nicht mehr merken, den Doppelkorn anlässlich seines Geburtstages aber gerne trinken … aber Aschermittwoch?

Nein, ich brauche wirklich nicht unbedingt jemand, der mir Asche aufs Haupt streut, aber einen nachdenklichen Moment?

Ich finde in unser aller täglichen Leben sind die nachdenklichen Momente rar geworden.
Das Innehalten.
Das Nachdenken über das, was vergeht.
Über das, was wert ist erhalten zu werden
Über das, was wir gemeinsam neu schaffen sollten.

Ich war letzten Aschermittwoch in der Münchner Frauenkirche; es gibt dort eine fabelhafte Veranstaltung: den Aschermittwoch der Künstler.

Kunstprojekt zum Aschermittwoch

Kunstprojekt zum Aschermittwoch

Meistens präsentiert eine Gruppe junger Künstler eine avantgardistische Installation und der Münchner Erzbischof serviert dazu eine traditionelle Predigt.

Dieses Jahr versuchten die jungen Kunstschaffenden eine Kirche aus Glas darzustellen, sie thematisierten auf wunderbare Weise die Fragilität dieses Lebewesens Kirche.

Ist unsere Haut schon so dünn, sind die Mauern unserer Kirche so fragil, dass wir dem Zerspringen nah sind?

Sollte man in dieser Zeit wirklich nur Schokolade oder Alkohol aufgeben?
Oder vielleicht Gott für sich selbst neu entdecken in Gebet oder Meditation?
Kraft finden … der Hektik des Alltags ein wenig entfliehen.

Kunstprojekt zum Aschermittwoch

Kunstprojekt zum Aschermittwoch

Früher war zwar nicht alles besser, aber vieles verlässlicher, las ich kürzlich bei Gabor Steingart.
Die Welt drehte sich zwar, aber sie rotierte nicht ständig.
Das Leben war zwar kein langer, ruhiger Fluss, aber auch kein permanenter Ausnahmezustand.

Vielleicht ist unsere Haut ja auch deshalb so dünn geworden.

Nutzen wir die „Fastenzeit“ um uns zu entschleunigen.
Nutzen wir die „Fastenzeit“ dem Sinn unseres Lebens nachzuspüren.