Oberfläche

Freundlich, fast sommerlich präsentiert sich das Bild im Februar:
Durch die welken Gräser am Ufer schaut man auf die Weite des Staffelsees, in dem sich der blaue Himmel spiegelt. Leicht plätschern die kleinen Wellen an das seichte Ufer, wo das Wasser den Blick auf den Grund des Sees ermöglicht.
Selten wäre dieses Bild in den letzten Wochen machbar gewesen, waren doch immer wieder Schnee- und Regenwolken am Himmel im Voralpenland. „Man wird fast in das Bild hereingezogen“ sagten einige bei der Betrachtung des Bildes.

Februar am Staffelsee aus dem Kalender "La forma dell' acqua" © Thomas Michael Glaw

Februar am Staffelsee aus dem Kalender „La forma dell‘ acqua“ © Thomas Michael Glaw

Auch auf mich übt das Bild eine besondere Wirkung aus – es wirkt aus sich heraus. Anders als viele Fotos, die an ein bestimmtes Erlebnis, eine Begegnung, ein Gespräch oder eine Stimmung erinnern, die einen Moment festhalten oder dokumentieren, steht dieses Bild für sich. Es eröffnet dem Betrachter neue Horizonte, ermöglicht ein Weiterdenken.
Wasser – einerseits transparent, durchsichtig – selbst dort, wo es bereits mehrere Meter tief ist, ermöglicht es einem, auf den Grund zu schauen. Aber manches, was wir dabei sehen, täuscht. Die Bewegungen der Oberfläche verfremden die Dinge, die das Wasser bedeckt. Durch die veränderte Brechung des Lichtes kommt es zu optischen Täuschungen, die Tiefe des Wassers ist nur schwer abschätzbar, einiges wirkt kleiner, als es eigentlich ist.
Andererseits verliert das Wasser bei der Wahl des richtigen Winkels seine Transparenz und wird zum Spiegel. Es gehört zu den wenigen Elementen, die Abbilden können.
Transparenz und Spiegel – diese beiden Eigenschaften erlebe ich auch im täglichen Leben. Auf den ersten Blick erscheint mir etwa, das ich erlebe, sehr klar, verständlich und eindeutig. In einem Gespräch erzählt mir ein Freund, was er erlebt hat; ich plane eine Veranstaltung oder strukturiere meinen nächsten Tag. Aber bei näherer Betrachtung entdecke ich, dass meinem Freund ganz andere Details bei seiner Erzählung wichtig waren; beim Umsetzen meiner Tagesplanung stehe ich plötzlich vor ungeahnten Hürden, „Untiefen“, die ich bei meiner Planung nicht sehen konnte, weil ich diese Perspektive gar nicht bedacht hatte. Manchmal erlebe ich aber auch, dass meine Perspektive nicht stimmte, ich eigentlich nicht mein Gegenüber sondern nur mich selbst, meine Erfahrungen und Ideen gesehen habe, aber nicht den Menschen, der vor mir steht.
In diesen oft sehr grauen Februartagen lasse ich mich gern auf einen Ausflug ein, auf die Weite des Sees, genieße das leichte Wellenspiel und Plätschern und betrachte mich in seinem Spiegel.

 

Gastbeitrag von Dorothea Elsner.

Das Bild ist das Blatt „Fabruar“ aus unserem Jahreskalender 2015 „La forma dell‘ acqua“ zur Ausstellung „formen des wassers“. Der ganze Kalender findet sich unter http://www.thomasmichaelglaw.com .

Masken

Wenn man noch nie zu „Fastelovend“, sprich zu Karneval in Köln war, hat man etwas verpasst. Nein, wirklich. Es ist mehr als nur eine Stadt im kollektiven Wahn. Menschen verkleiden sich um aus der Normalität auszubrechen. Wir tun das alle, täglich, allerdings nicht mit dem Ziel, der Normalität ein Schnäppchen zu schlagen, sondern um jene merkwürdige Normalität des beginnenden 21. Jahrhunderts zu leben, in der BWL Absolventen dunkle, eng geschnittene Anzüge tragen, Damen „Power Dresses“, und diejenigen, die ganz oben angekommen sind, Brioni.

Kölner "Jeck" am Rosenmontagszug

Kölner Jeck

Es war sehr interessant Köln in Verkleidung zu erleben, eine Stadt, die ich in den vergangenen Jahren als eine der entspanntesten Deutschlands erfahren habe. Die Maske wird Teil der Stadt; manche Kölner verwandeln sich nur mit wenigen Strichen billiger Schminke, anderer wiederum verwenden ein geradezu unglaubliches Maß an Fantasie, Kreativität und Energie darauf … ganz anders auszusehen.

Kölner "Jeckin" am Rosenmontagszug

Karneval in Köln

Ich hab bewusst den Titel „Masken“ nicht „Narren“ oder gar „Jecken“ gewählt. Der Begriff ist mir zu vieldeutig; war es im Mittelalter ein auffällig gekleideter Spaßmacher, am königlichen Hof oft der einzige, der dem Monarchen die Wahrheit sagen durfte, so ist in unserem heutigen Sprachgebrauch der Narr oft unreif, tollpatschig oder schlicht dumm. Die Kölner nehmen für ihren „Jecken“ eine ganz eigene Definition in Anspruch, die des nicht vereinsmäßig gebundenen Karnevalisten. Auf den Straßen der alten Domstadt waren viele davon unterwegs …

Kölner Jeck am Rosenmontagszug

Kölner „Jeck“

Es ist wohl oft auch jener wahre „Jeck“, der sich hinter den Masken verbirgt. Wenn man ins Gespräch kommt, fast immer von schnellem Wortwitz, oft mit hintergründigen Humor begabt. „Häuptling Schnelle Zunge“ nannten wir vor vielen Jahren einen befreundeten Kölner hinter vorgehaltener Hand, der auch stets zur „fünften Jahreszeit“ wieder in seine Geburtsstadt eilen musste.
Als Augenmensch waren es die Masken, die Kostüme, das Lachen der „Jecken“, sprich vor allem der Teilnehmer an den Schull und Vedeelszöch, an den Vorgruppen zum „Zoch“ , dem Rosenmontagszug, die mich faszinierten. Vielleicht komme ich nächste Jahr wieder mit Akkreditierung (um mich freier bewegen zu können) und mit ein wenig weniger Kölsch (um konzentrierter arbeiten zu können).
Köln zur Fastelovend ist mehr als ein Erlebnis.

Am Ufer

Am Ufer des Tegernsees liegt noch Schnee; ein einsames Teichhuhn schwimmt auf dem sich leicht kräuselnden Wasser. Ein winterliches Bild, typisch für diese Jahreszeit in der Voralpenregion.
Wasser – dieses Thema wird mich durch meine Blogbeiträge in diesem Jahr begeleiten. Es ist zunächst eines der wichtigsten Grundelelemente, das wir zum Leben brauchen. Aber nicht nur die Symbolik, auch die verschiedenen Formen, die es annehmen kann, faszinieren. Dabei ist es nie das Wasser selbst, dass eine Form annimmt, es sind immer äußere Einflüsse, durch die es seine Form verändert:
durch unterschiedliche Temperaturen erlangt es verschiedenene Gestalten; Wind, die Anziehungskraft des Mondes oder abschüssige Flächen geben ihm eine Dynamik, bringen es in Bewegung; Gegenstände, die ihm im Weg liegen, erzeugen Drehbewegungen, werden durch die Einwirkung des Wassers verändert und zeigen durch die Spuren, die es an ihnen hinterlässt, seine Kraft.

Tegernsee - Kalender 2015

Tegernsee – Kalender 2015

Wasser ist zunächst einfach nur da. Ob hier als See, dessen Oberfläche sich durch den leichten Wind kräuselt, als Schnee, der durch Kälte entstanden ist und nun einen Teil der Landschaft sanft aber beharrlich bedeckt, als Regen, Tau, Nebel, Eis. Erst besondere Gegebenheiten lassen es für uns zum Quell des Lebens oder zur Bedrohung und zerstörerischen Kraft werden, wie sich in den Überschwemmungen, den unter dem Gewicht des Schnees zusammenbrechender Dächer der letzten Jahre gezeigt hat.

Im Betrachten des Wassers entdecke ich eine Parallelität zum Leben an sich: auch dieses ist zunächst einfach da. Es wurde uns mit der Geburt geschenkt, aber auch seine Gestalt ist nicht vorgegeben. Es liegt an uns, an unseren Ideen, wie auch an den inneren und äußeren Einflüssen, es zu gestalten, ihm Bewegung und Richtung zu geben. Manchmal ist es ein leichter Wind, der unser Leben in Bewegung bringt, ein Gedanke, eine Idee, manchmal ist es ein Erlebnis, eine Erfahrung, die bisher wichtiges ganz oder für eine Zeit bedeckt, wie Schnee oder Eis.

 

Gastbeitrag von Dorothea Elsner. Das Bild ist das Blatt „Januar“ und entstammt unserem Jahreskalender 2015 „La forma dell‘ acqua“ zur Ausstellung „formen des wassers“. Der ganze Kalender findet sich unter http://www.thomasmichaelglaw.com .