Grau und unruhig ist das Meer, unruhig wie die Welt um uns herum. Der frische Wind und die Strömung lassen das Wasser brodeln, aufschäumen und sich überschlagen.
Wie das Meer ist auch bei uns vieles in Bewegung, verändert sich, entwickelt seine eigene Dynamik. Einige Themen entstehen, bäumen sich auf und verschwinden wieder aus den Meldungen, dem Tagesgeschäft und dem eigenen Leben; andere spitzen sich zu, gefördert von der Informationsflut, die es schwer macht, den Überblick zu behalten und befeuert wird von Kommentaren. Vieles ist in den letzten Wochen und Monaten diskutiert worden und manchmal erscheint mir der Jahreswechsel als Brennglas missbraucht zu werden, schaut man doch auf das Jahr zurück und bewertet die Vielschichtigkeit des Gewesenen aufgrund der Ereignisse, die sich in einem zweistündigen Jahresrückblick mit Bildern und Interviews bei einer Talksendung gut darstellen lassen. Das „Wort des Jahres“, das ich selten im vergehenden Jahr verwendet habe, steht für mich ebenso wenig für das, was dieses Jahr ausgemacht hat, wie die großen Ereignisse. Es sind vielmehr der persönliche Bezug, die Begegnungen, die kleinen Momente und Erfahrungen, die geschehen sind und die selten zum Jahresende „abgeschlossen“ werden.
Das Leben entspricht eher dem Rhythmus des Meeres: Vieles, was wir tun und anpacken, orientiert sich nicht am Jahreswechsel; es entsteht irgendwann durch einen Gedanken, ein Gespräch, eine Begegnung, reagiert auf eine Veränderung und hat seinen eigenen Zeitplan.
Anders als in den letzten Jahren, in denen ich im Dezember Zeit zum Aufarbeiten der turbulenten Herbstmonate hatte, war dieser Advent voll mit Terminen, Gesprächen und entsprechenden Vorbereitungen. Wenn ich auf diesen Jahreswechsel blicke, sehe ich auf viele Ideen, die noch nicht fertig gedacht sind, einige Projekte, die am Entstehen sind, andere, die noch nicht abgeschlossen wurden, zum Teil auch im argen Verzug sind. In den letzten Arbeitstagen, in denen die Zeit am zerrinnen war, habe ich mich bei manchem gefragt, was von den To-Dos auf meiner Liste wirklich bis zum Jahresabschluss fertig sein muss, welche Protokolle und Emails, die mich viel Zeit und Mühe kosten, wirklich noch gelesen werden und was davon bis zum nächsten Jahr warten kann. Letztendlich habe ich die Zeit genutzt, denjenigen, mit denen ich viel zusammen gearbeitet habe, zu schreiben und etwas viel Wertvolleres geschaffen, als beschriebene Karten: einen Dank zum Abschluss dieses gemeinsamen Weges mit Aussicht auf ein Weitergehen.
Gedanken zum Kalenderblatt „Dezember“ unseres Jahreskalenders 2015
Gastbeitrag von Dorothea Elsner