Grünes Ruhrgebiet – Copyright Thomas Michael Glaw
Klar, der Titel lässt schon erahnen worum es hier geht, aber mal ehrlich: hätten Sie beim Anblick dieses Bildes an das Ruhrgebiet gedacht? An Kohle, Stahl und Staub? Also, ich nicht. Das ist übrigens nicht irgendwo aufgenommen, sondern praktisch noch in Dortmund, in der Nähe der alten Zeche Gneisenau. Der Anblick eines Altarbildes in der Dortmunder Probsteikirche, das wohl die älteste Darstellung Dortmunds aus dem späten Mittelalter enthält, machte mir klar, wie sehr unser Bild des „Potts“ vom 19. und 20. Jahrhundert geprägt ist – eine Konsequenz der Industrialisierung.
In den letzten zwei Jahren bin ich einige Male durchs Ruhrgebiet gereist, um Industriedenkmäler bzw. verbliebene Einrichtungen und Gebäude dessen, was ich Analoge Industrie nenne, zu fotografieren. Auf Grund beruflicher Termine und einem geplanten Besuch der Kokerei Hansa blieb ich dieses Mal zwei Tage in Dortmund. Was macht das besondere dieser Stadt aus? Auch hier sagen Bilder mehr als Worte:
Dortmund zwischen BVB und Currywurst – Copyright Thomas Michael Glaw
Beim Gang durch das schwarz – gelbe Dortmund begann ich, die von mir oft belächelte „Spinnerei“ meines alten Freundes und Kollegen Achim für „seinen“ BVB ein wenig besser zu verstehen. Borussia scheint in Dortmund und für Dortmund weit mehr zu sein als nur ein Fussballclub – es ist ein Lebensgefühl. Mich haben die bisweilen in München aufblitzenden Bayern Trikots oder – je nach Wetterlage – Schals, auch immer amüsiert, aber in Dortmund kann man keine 20 Meter gehen, ohne über ein schwarz – gelbes Emblem zu stolpern. Man lebt seinen BVB …
Im Stadtkern von Dortmund fallen, ähnlich wie in Köln, die Bausünden der Nachkriegszeit auf – hier allerdings deutlich schlimmer. Straßen folgen zum Teil nicht ihrem ursprünglichen Weg, Sichtachsen wurden ignoriert, Gebäude in unmittelbarer Nähe zueinander errichtet, deren Linienführung und Ausgestaltung Kopfschmerzen verursachen.
Wie auch in anderen Städten mit historisch gewachsenem Stadtkern, so produzieren auch hier die überbordenden Lichtreklamen der Geschäfte, die um die Aufmerksamkeit potentiellen Kunden buhlen, einen üblen Brei aus Formen und Farben. Schade, dass man hier nicht zumindest ein wenig ordnend eingreift – die Auswirkung der Ästhetik auch auf das Kaufverhalten wird sehr unterschätzt.
Kokerei Hansa/Gasturbinenhalle – Copyright Thomas Michael Glaw
Die überwiegend älteren oder in fremden Zungen sprechenden Menschen, die die Innenstadt bevölkern, schien das allerdings nicht zu stören; man ist entspannt in Dortmund – freundlich, umgänglich, immer zu einem Späßchen bereit. Letztere Beobachtung gilt übrigens auch für die Spezies Kellner, was einen grantl-geschädigten Münchner umso mehr erfreut.
Das, was auf den Tisch des Hauses kam, tat es allerdings weniger. Selten habe ich so viel Fettiges und soviel Fertigpanade garniert mit Tiefkühlprodukten, wohlgemerkt zu gehobenen Preisen, gesehen. Angeblich soll es irgendwo einen guten Italiener geben, aber wir wollten ja etwas typisches essen. Ich weiß, Freund Tobias stellte dieselbe Frage: Was bitte ist typisch für Dortmund.
Also, wenn Sie mich fragen: der Fettgeruch an jeder zweiten Ecke, der nichts Gutes verheißt, oft vermischt mit dem Duft von Currypulver. Aber da ich es mir ja nicht endgültig mit den Dortmundern verderben will, schweige ich dazu jetzt lieber.
Zur Ehrenrettung des Stadtbildes muss allerdings hinzugefügt werden: es gibt durchaus interessante Elemente moderner Architektur, ebenso wie beeindruckende sakrale Räume, die nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs entstanden sind.
Orchesterzentrum Dortmund – Copyright Thomas Michael Glaw
Und was das Essen angeht: die Fortsetzung der Reise durchs Sauerland nach Köln bewies, das Pampe auf dem Teller kein Dortmunder Privileg ist.
Grazie Bepi per un buon cena a Colonia 🙂