Sprudelnd, gurgelnd, schäumend prescht das Wasser durch die Partnachklamm. In vielen Jahrtausenden hat es sich eine Schneise in den Fels gespült. Aus einem breiten, seichten Flussbett mit kleinen Ausbuchtungen, sanften Strudeln, die Trichter bilden und sich um sich selbst drehen, kleinen Stromschnellen, die Steine umspielen, verdichtet sich das Wasser und schießt mit zunehmender Geschwindigkeit durch das Felslabyrinth. Je nach Jahreszeit zeigt sich dort ein faszinierend anderes Bild, gefrorene Wasserfälle im Winter, tosendes Wasser zur Schneeschmelze im Frühjahr, das bis in den Sommer hinein alles mitreißt, was im Weg liegt. Im Herbst tauchen die Bäume die Klamm in sanftes gold-braunes Licht und es ist ein Vergnügen, selbst bei Regen halbwegs trockenen Hauptes durch die Gänge der Klamm zu gehen und den Wassermassen zuzuschauen.
Sprudelnd, überschäumend und mitreißend, so erlebe ich – leider viel zu selten – Menschen, die von einer Idee begeistert sind, die ein Ziel haben, das sie anstreben, ungeachtet aller Einwände und Hindernisse, weil sie davon überzeugt sind. Wie bei der Klamm konzentrieren sie sich darauf, lassen den Ballast des alltäglichen zurück, die Aktivitäten, die man aus Pflichtbewusstsein, aber nicht aus Überzeugung, macht, und stecken alle Energie in diese Idee. Sie entwickeln dabei eine Lebendigkeit, die mitreißt und begeistert.
Bei dem Weg durch die Klamm entdeckt man immer wieder Baumstämme und Äste, die verkeilt zwischen Steinen festsitzen, vom tosenden Wasser umspült, oder Zweige, die von Strudeln gefangen sich immer schneller um sich selbst drehen. Auch bei den Menschen, die sich von Ideen begeistern und mitreißen lassen, gibt es diese Steine, die Fragen, eigene Ideen und anderen Ansichten, die blockieren und einen auf der Strecke stecken lassen. Manchmal hilft ein einfacher Handgriff, ein Gespräch, das Hindernis zu beseitigen, um wieder mit dem Strom zu schwimmen, sich aktiv einbringen zu können, manchmal ist es aber auch die Erkenntnis, nicht am richtigen Ort zu sein, aussteigen zu müssen und sich eigene Wege zu suchen. Denn: nach der Klamm ist man ein anderer, nicht mehr der, der man vorher war, reicher an Erfahrungen und vielleicht auch der einen oder anderen blauen Flecken und Narben.
Gastbeitrag von Dorothea Elsner zum Kalenderblatt Mai 2015