Es gibt Tage, die sind für mich untrennbar mit Musik verbunden, dazu gehört auch der Ostersonntag. Nein, es ist nicht Bach, auch wenn John Eliot Gardeners Interpretation der Johannes Passion für mich fester Bestandteil der vorösterlichen Zeit ist. Es die „Morgenstimmung“, das Allegretto pastorale aus der ersten Suite von Edvard Griegs „Peer Gynt“. Es sind diese sanften Töne, verbunden mit dem Gezwitscher der Vögel im Park vor meinem Fenster, die das besondere ausmachen.
Wir haben nicht vergeblich gewartet. Am Ende einer dunklen Nacht steht eine wärmende, leuchtende, strahlende Sonne. Der Weg mag lang gewesen sein, aber das Warten hat sich gelohnt, die Hoffnung hat nicht getrogen.
Woran denken Sie bei diesem Ostererlebnis? Im Leben jedes Menschen, gibt es solche Erlebnisse, einige aus meinem eigenen Leben gehen mir an Ostern immer wieder durch den Kopf. Auf manches musste man lange warten, aber am Ende hat sich das Warten gelohnt. Wer zu der Minderheit gehört, die heute Nacht bzw. heute Morgen in der Kirche war, hat vernommen, dass das Grab leer war. Nur so richtig glauben, dass Jesus auferstanden war, wollte eigentlich noch keiner.
Mein Sohn erklärte mir letzte Woche was eine „Eskalation“ ist. Ich kannte den Begriff zwar aus der politischen Theorie der siebziger und achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts, aber dass es sich dabei um einen kollektiven Luftsprung auf Grund besonders laut wabernder Bässe handelt, war mir bis dato entgangen.
Warum veranstalteten Jesu Freunde also keine Eskalation, tanzten keinen Kasachok, sondern schüttelten eher ungläubig den Kopf? Zweifeln gehört zum Menschen ebenso wie glauben. Auch unser heutiges Leben ist trotz des Ostererlebnisses, das sich jedes Jahr wiederholt, eher von Zweifel als von Glauben, Vertrauen, Zutrauen und Hoffnung geprägt. Die Sichtweise „das Glas ist halb leer “ erscheint mir dabei sehr Deutsch zu sein. Viele meiner Freunde, aber auch meiner Schüler und Studenten haben eher „erst“ etwas erreicht als „schon“. Klingt es nicht so viel besser, wenn ich denke „ich habe schon die Hälfte der Seminararbeit geschrieben?“
Auch die anhaltende Debatte um Flucht und Asyl scheint mir sehr viel mit mangelndem Vertrauen und mangelndem Selbstvertrauen zu tun zu haben. Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa. Die Europäische Union hat über eine halbe Milliarde Einwohner – und da sollen wir uns nicht um eine Million Flüchtlinge kümmern können (wenn es den überhaupt so viele werden)? Man ist geneigt zu schreiben: get real.
Abgesehen von der Hoffnung , oder wie der Kölner sagt, „Et hätt noch emmer joot jejange“, wünsche ich mir ein wenig mehr Gelassenheit. Es ist diese Gelassenheit, die ich immer wieder in der Natur finde und auch versuche in der Landschaftsfotografie abzubilden. „Halte mich nicht fest,“ sagt Jesus später zu Maria. Auch wir sollten loslassen lernen, Gewohntes zurücklassen, gelassen offen werden für neues. Ich vertraue darauf, dass da am Ende einer (oder eine 🙂 ) sein wird, die mich auffängt.